Wennemen und seine Geschichte

Aus der Vorzeit

Das Dorf Wennemen ist aus einer ländlich strukturierten Streusiedlung entstanden. Wann der erste Acker urbar gemacht wurde, wann die Umbildung von Urlandschaft in Kulturlandschaft begann, ist nicht genau zu belegen. Die zeitlichen Anfänge der heute so weit auseinander gedehnten Siedlung liegen im dunklen.

  

Die Namen „Wennemen“ und „Wennemer Mark“ weisen jedoch darauf hin, dass Wennemen zu den Urdörfern der mittleren Ruhr gehört. Die Markbezeichnungen (Wennemer Mark) gehen wahrscheinlich auf die germanische Besiedlungsperiode zurück, die bis etwa 500 n.Chr. andauerte und von der fränkischen Besiedlungsperiode von 500 bis 800 nach Christus abgelöst wurde.

  

Der Name Wennemen wird abgeleitet von „Wenneheimen“, also den „Heimen an der Wenne“ oder auch “Wenhem“, dem die gleiche Bedeutung zukommt. Mit „Heim“ bezeichnete man nach dem fränkischen Sprachgebrauch ursprünglich eine einzelne Heimstelle, später aber auch mehrere Herdstellen.

  

Nach dieser Namensdeutung wäre Wennemen eine fränkische Gründung aus der Zeitepoche 500 bis 800 nach Christus.

 

Wennemen im Hoch- und Spätmittelalter

Die erste urkundliche Erwähnung findet Wennemen im Güterverzeichnis des Grafen Ludwig von Arnsberg, der von 1281 bis 1313 regiert hat. Graf Ludwig war Oberlehnsherr der Ortschaften an der mittleren Ruhr. Im Güterverzeichnis ist Wennemen als „zehntpflichtig“ angegeben.

  

Andere Urkunden geben Auskunft über den noch älteren, mit Wennemen eng verbundenen Ort Stockhausen. Der „Schultenhof Stockhausen“ wird zuerst im Jahre 997 erwähnt. Otto der Dritte übergab ihn damals dem Stift Meschede, nachdem der Vorbesitzer durch Ächtung recht- und besitzlos geworden war. Dieser Hof war schon damals Mittelpunkt eines Hofverbandes, denn in der Übergebungsurkunde wurden mit dem Haupthof auch mehrere zugehörige Höfe mit ihren Leibeigenen übertragen.

 

Durch diese exponierte Stellung mit einem großen wirtschaftlichen und politischen Einflussbereich hat der Hof Stockhausen auf die Entwicklung unseres Ortes großen Einfluss genommen. Dies geht auch aus der zweiten urkundlichen Erwähnung Wennemens aus dem Jahre 1484 hervor. 

 

Das Gut Bockum war ursprünglich ein Lehen der Probstei Meschede. Es bildete das Stammhaus der Familie von Bocken und gleichermaßen den Ursprung der heutigen mit Wennemen verbundenen Ortschaft Bockum. Durch häufigen Besitzwechsel verlor das Gut an Bedeutung und ging zuletzt in Staatsbesitz. Heute befindet es sich stark verkleinert wieder in Privatbesitz. 

 

Wennemen selbst blieb Jahrhunderte lang in der Siedlungsform eines Weilers bestehen. Nach Überwindung der Pestepidemien in den Jahren 1623 und 1636, von denen auch unser Ort nicht verschont blieb, und den Schrecknissen des Dreißigjährigen Krieges war das Dorf im Jahre 1685 Heimat für 15 Familien mit etwa 65 Personen. Um 1785 war der Ort dann auf 117 Personen angewachsen, doch die Zahl der Wohnhäuser hatte sich seit 1536 nicht erhöht. In einem alten Einwohnerverzeichnis ist von 17 Herdstellen die Rede, u.a. auf den Anwesen Fygener, Nyebecker (Becker), Theune, Brüggemann, Wulf, Krick und Soer, alles Namen, die heute noch in unserm Ort lebendig sind.

 

Wennemen im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert

Der eigentliche Aufstieg des Dorfes begann erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Loslösung von den mittelalterlichen Lebensgewohnheiten hatte verschiedene Gründe.

 

Kirchen- und schulpolitisch war Wennemen seit alters her der Ortschaft Calle angegliedert. Zum Anfang des letzten Jahrhunderts wurde die Zahl der Schüler, die Wennemen nach Calle schickte, für die Schule in Calle aber zu groß. Aus diesem Grunde begann am 15. November 1832 der eigenständige Schulbetrieb im Hause Ulf mit 110 Schulkindern. Der Bau des eigenen Schulgebäudes erfolgte 1836. Dieses Haus beherbergte die Schule bis 1965, ein moderneres, größeres Schulgebäude war inzwischen fertig gestellt.

 

Die konfessionelle Eigenständigkeit erfolgte erst später. Zwar war schon 1737 „Auf der Worth“ eine dem heiligen Nikolaus und den heiligen Hubertus geweihte Kapelle gebaut worden, doch Selbständigkeit bedeutete dies noch nicht. Erst in einer Bürgerversammlung am 14. März 1909 beschlossen die Bürger unter Vorsitz von Vikar Osburg, die bestehende Kapelle zu einer Notkirche zu erweitern. Vikar Osburg kam hauptamtlich nach Wennemen und unser Ort wurde selbständige Vikarie. Ein eigenes Pfarrhaus wurde 1911 errichtet.

 

Diese beiden sozialstrukturellen Ereignisse veränderten unser Dorf grundlegend. Hinzu kamen die Auswirkungen der Industrialisierung und verbunden damit der Bau der Ruhrtalbahn 1871. Überregional wirkte sich auch der verminderte politische Druck positiv auf die Entwicklung unseres Dorfes aus, der während der Bismarck-Ära Bürgerinitiativen verhindert hatte. Mehrere Vereine wurden gegründet.

 

Als Verkehrsknotenpunkt erlangte Wennemen Bedeutung mit dem Bau des heutigen Bahnhofs 1909 und der Errichtung des Abzweiges Wennemen – Altenhundem 1911. Auf Grund der günstigen Verkehrslage entwickelte sich auch einige Industrie am Ort.

 

Die wichtigsten Ereignisse in unserem Ort von 1914 bis 1945

1927 wurde die Freiwillige Feuerwehr Wennemen - Bockum – Stockhausen gegründet, die oft genug in selbstlosen Einsätzen ihre Funktionsfähigkeit bewies. 1933 errichtete die Freiwillige Feuerwehr ihr erstes Feuerwehrgerätehaus, das 1954 erweitert wurde.

 

Mit dem beginnenden zweiten Weltkrieg brach Not und Elend über unseren Ort herein. Die Ruhrtalbahn und der Abzweig Wennemen – Altenhundem machten Wennemen zum strategisch wichtigen Verkehrsknotenpunkt und deshalb häufiger zum Angriffsziel feindlicher Verbände als andere Orte vergleichbarer Größe. Die Folgen waren verheerend.

 

Wennemen nach dem zweiten Weltkrieg

Trotz der Lücken, welche die Toten gerissen hatten, trotz der großen Sachschäden war der Wille zum Wiederaufbau ungebrochen. Man erinnerte sich an die Zeit vor dem Vernichtungskrieg. Die Vereinstätigkeit wurde wieder lebendig. Friedliche, kontinuierliche Aufbauarbeit brachte das Dorf in allen Bereichen wieder auf die Höhe. Beschädigte Häuser wurden renoviert, viele neue gebaut. 

 

Im Jahre 1976/77 entstanden unter der Leitung von Pfarrer Nübold ein neuer, großzügig ausgestatteter Kindergarten und ein geräumiges Pfarrheim. Auch die Kirche wurde renoviert sowie das Kirchengelände und der Friedhof gärtnerisch neu gestaltet.

  

Am 28. November 1982 wurde der Friedhofskapellen-Bauverein gegründet. Dieser Verein hat sich die Pflege der Friedhofsanlagen und die Errichtung einer Kapelle zur Aufgabe gemacht. Als besondere Leistung in der Geschichte unseres Dorfes ist der Bau der Friedhofskapelle mit Leichenhalle zu erwähnen. Dank der tatkräftigen Mithilfe aller ortsansässigen Vereine und der anerkennenswerten Unterstützung durch die Handwerksbetriebe konnte das Bauwerk in weniger als einem Jahr fertig gestellt und am 29, Januar 1984 in einer Feierstunde seiner Bestimmung übergeben werden.

 

Die Vereine fanden in der Nachkriegszeit auch zur gewohnten Aktivität zurück. Häufig leisteten sie bei Gemeinschaftsaufgaben wertvolle Hilfe. Es sei hier an die Neugestaltung des Friedhofes und des Kirchengeländes, an die Errichtung des Pfarrheimes und des Kindergartens, an die Umbauten und Erweiterungen unserer Schützenhalle und an den Bau des neunen Sport- und Tennisplatzes erinnert.

 

Im Jahre 1981 konnte der Ort Wennemen sein 700jähriges Bestehen feiern. Die Festlichkeiten fanden vom 16. bis 18.Oktober 1981 unter Beteiligung aller örtlichen Vereine und der gesamten Bevölkerung statt. Höhepunkt der Feierlichkeiten war das Gendarmenmarktfest in der Mitte des Dorfes. Ein in der Nähe des Bahnhofes errichteter Stein dokumentiert den 700jährigen Bestand des Dorfes nach außen.

 

Auch in der Gewerbestruktur änderte sich einiges. Viele Handwerksbetriebe, die vor 1939 schon bestanden hatten, wurden neu belebt, andere kamen hinzu. Auch mehrere Kleinindustriebetriebe machten sich hier heimisch. Aber auch bei der Bevölkerung wächst die Mobilität; die meisten erwerbstätigen Erwachsenen sind Pendler in die nähere und weitere Umgebung.

 

Im Jahre 1956 wurde ein Siedlungsprogramm auf der Bergheimstraße begonnen, in dessen 1. Bauabschnitt 20 Eigenheime errichtet wurden Einige Jahre später wurde auf dem Lüggentrog im Nordwesten des Ortes ein weiteres, großzügiges Siedlungsgebiet erschlossen, in dem heute viele Neubauten stehen.

  

Anfang bis Mitte der 70er Jahre wurde im Osten von Wennemen das Baugebiet „Bergheim – Schneckenacker“ ausgewiesen und erschlossen.

  

Nach 1990 entstand auf „Meyer`s Wiese“ die Erweiterung des Baugebietes „Schneckenacker“ mit dem Osterbruch als Hauptzufahrt sowie Anliegerstraßen, die nach Tierkreisnamen benannt sind.

  

Im Jahre 2005 wurde nordöstlich im Anschluss an den Ortskern mit dem Heckenweg ein weiteres Baugebiet für 17 Häuser erschlossen.

 

Insgesamt wurden in den letzten 30 Jahren rd. 150 neue Häuser errichtet, wodurch Wennemen strukturell und optisch ein grundlegend anderes Bild bekam.

  

Die Zugehörigkeit unseres Ortes zur Gemeinde Calle endete am 31.Dezember 1974. Aus den Gemeinden Stadt Meschede, Meschede Land, Calle, Remblinghausen, Eversberg, Freienohl, Grevenstein und Visbeck wurde eine neue Gemeinde gebildet, die den Namen Stadt Meschede erhielt. Die Ämter wurden aufgelöste, so auch das Amt Meschede. Zum 1. Bürgermeister der neuen Stadt Meschede wurde Franz Stahlmecke aus Wennemen gewählt

  

Der Stadtteil Wennemen entwickelte sich nach der kommunalen Neugliederung immer mehr zum Wohngebiet. 2014 zählt Wennemen und Bockum 1.911 Einwohner, Stockhausen 206 Einwohner. Unsere Orte haben damit eine Bevölkerung von insgesamt 2.117 Personen.

 

Auszug und Ergänzung „Zur Geschichte des Ortes Wennemen“

Verfasser: Heiner Sauer, aus Anlass der 700-Jahr-Feier 1981